27
„Hattest du eigentlich eine Freundin zwischendurch?“, frage ich Josh nun auch etwas neugierig.
„Ja, in Dover hatte ich eine Freundin, sie hat Schluss gemacht, deshalb habe ich mich jetzt entschieden nach London zu ziehen.“
„Das tut mir leid, das wusste ich nicht.“
„Ist schon ok. Du hast mir doch deine Leidensgeschichte erzählt.“, er grinst und wir schauen beide zu Boden und laufen weiter nebeneinander. Ich beobachte jeden meine Schritte und merke, wie ich langsam müde werde.
„Ich glaube, da will wer was von dir.“, sagt Josh abrupt.
„Was?“, ich blicke auf und sehe jemanden schnell auf uns zukommen. Will. Was macht er hier, woher weiß ich, wo ich bin?
Er rennt auf uns zu, trägt einen Anzug und sein Blick irritiert mich. Nun mustert er Josh, und sein Blick wechselt zwischen mir und ihm hin und her.
Er bleibt vor mir stehen, greift nach meiner Hand, „Liz, es tut mir Leid, was ich gesagt habe, ich habe nicht nachgedacht. Ich meinte es nicht so.“
„Ich glaube ich gehe nach Hause.“, Josh blickt mich fragend an, als wolle er fragen wollte, ob es in Ordnung ist. Ich nicke kurz. „Dann melde dich morgen bei mir.“ Josh geht.
Ich schaue Will sprachlos an. „Es tut mir wirklich leid.“
„Weißt du, wie sehr du mir damit weh getan hast? Zuerst bist du so sanft und sagst du gehörst nur mir und im nächsten Moment bist du so herzlos.“ Ich ziehe meine Hand zurück. Will scheint nun verzweifelt zu sein und macht einen weiteren Schritt auf mich zu.
„Ich weiß doch auch nicht, was mit mir los ist. Ich habe dich gewarnt, dass ich Kaltherzig bin.“
„Also bin ich jetzt selbst schuld?“, entgegne ich nun wütend, während sich in meinen Augen wieder Tränen sammeln.
„Nein.“ , er rauft sich das Haar, „Ich bin nicht der Richtige für dich, das weiß ich, bloß ich kann dich nicht einfach so gehen lassen, dazu liebe ich dich zu sehr.“ Einen Moment verstummt er, scheinbar hatte er die Worte selbst so nicht erwartet. „Ich bin vollkommen verwirrt, ich habe gedacht ich kann nie wieder lieben. Doch du hast das irgendwie geändert. Neben dir kann ich schlafen, als wäre alles vergessen und wenn du weg bist, kommen in mir alte Gefühle in mir hoch, ich fühle mich wieder alleine. Ich war eifersüchtig wegen Josh, ich meine, dass was dein Vater gesagt hat, wird stimmen. Er würde dir ein besserer Mann sein , als ich.“
„Sag das nicht.“, unterbreche ich ihn. Ich weiß, dass ich ihm aus irgendeinem Grund innerlich schon verziehen habe, aber ich will nicht jetzt schon nachgeben. „Du bist ein wundervoller Mensch, wenn ich bei dir bin.“ Ich mache einen Schritt auf ihn zu, so dass wir uns so nahe stehen, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüre. „Bloß tue mir so etwas nicht nochmal an.“
„Ja ich verspreche es dir.“ Ich ziehe ihn an seiner Krawatte an mich heran und küsse ihn. Seine Hände legen sich sofort um meinen Rücken und ich öffne meinen Mund. Nach einigen Minuten löse ich mich wieder von ihm. „Schöne Krawatte.“
„Ja, die hat mir eine Frau im Laden empfohlen. Sie soll wohl gut zu meinen Augen passen.“, lächelt er mich an und ich küsse ihn auf die Wange. Er ist rasiert, das ist mir vorher gar nicht aufgefallen. Schade eigentlich. Wie er vor mir steht, in dem Anzug, den er bei unserem ersten Treffen anhatte, gefällt mir irgendwie. Nur diesmal passt auch die Hose.
„Und was machen wir jetzt?“, ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht einfach wieder nach Hause fahren soll.
„Ich würde deine Eltern gerne kennenlernen.“, sagt Will ruhig.
„Was? Bist du dir da sicher, ich meine du kennst meinen Vater nicht.“
„Aber ich glaube, du solltest jetzt nicht einfach nach Hause fahren. Vielleicht solltest du dich ihm einfach stellen. Ich habe keine Angst vor deinem Vater.“
„Und du bist dir sicher, dass das noch nicht zu früh ist?“
„Hm, das ist mir egal.“, er zuckt nur kurz mit den Schultern und schaut mich fragend an. Ich nicke nur.
Er legt seinen Arm um mich und wir laufen in die Richtung meines Elternhauses.
„Hier bist du also aufgewachsen?“, fragt er und unterbricht die Stille.
„Wie hast du mich eigentlich gefunden.“, fällt mir nun wieder ein. Ich habe ihm nie erzählt, wo meine Eltern wohnen.
„Du bist ja nicht mehr an dein Handy gegangen, da habe ich Vicy angerufen und gefragt.“, er gibt ein leises Lachen von sich.
sidekick_robin am 17. November 15
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26
Es ist schon dunkel draußen und ich laufe durch die Straßen meiner alten Heimat, ohne zu wissen, wo ich überhaupt hin laufe. Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle eine Nummer. Es wird scheinbar langsam zur Gewohnheit.
„Was ist los?“, Will stimme tönt sanft durch den Lautsprechern. Seltsam, früher hätte ich sofort Vicy angerufen.
„Mein Vater, er hat es schon wieder übertrieben.“
„Wieso, was hat er gesagt?“
„Ein alter Schulfreund war zu Besuch, meine Eltern haben ihn eingeladen. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen und wir waren früher unzertrennlich. Deshalb habe ich gedacht, meine Eltern haben ihn eingeladen, weil sie mir damit eine Freude machen wollten. Doch dann hat mein Vater hat mein Vater angefangen zu versuchen mir einzureden, ich sollte Josh zu meinem Mann an meiner Seite aussuchen.“, ich warte auf eine Reaktion von Will, doch es kommt keine, „ Und zu allem Überfluss war er dann noch so herablassend und meinte ich wäre ja sowieso Single.“
„Das bist du doch auch.“, Wills Stimme ist vollkommen trocken und gleichgültig.
Ich bleibe stehen, mein Herz scheint auch stehen geblieben zu sein und Tränen rinnen aus meine Augen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen lege ich auf und fange an zu weinen. Ich merke, ich stehe an der kleinen Brücke, an einem Fluss, wo ich früher immer stand, wenn ich traurig war. Das Plätschern des Wassers vermischt sich mit meinem Schluchzen. Bei Tageslicht ist das einer meiner liebsten Orte. Immer, wenn es etwas gab, worüber ich nachdenken wollte, konnte ich das hier in Ruhe tun. Außer der Brücke scheint hier die Natur hier unberührt. Bäume verdecken den Blick auf die kleine Stadt und nur ein kleiner Trampelpfad führt von hier aus weiter in die Natur. Nun stehe ich hier, wie schon früher immer, wenn ich mich mit meinem Vater gestritten hatte, doch diesmal ist es ein anderer Mann, der meine Tränen zum rollen bringen. Nur der Mond scheint auf mich hinunter.
Hinter mir höre ich ein scharren. Ich zucke zusammen als ich Schritte hinter mir höre.
„Ich wusste doch, dass ich dich hier finde. Hier hab ich dich früher auch immer gefunden, wenn du traurig warst.“, Josh kommt auf mich zu und nimmt mich sofort in den Arm. So stehen wir dann eine Weile da, ohne etwas zu sagen und ich weine mich an seiner Schulter aus.
Nach einigen Minuten habe ich mich etwas beruhigt, schluchzte nur noch etwas vor mich hin.
„Was ist los, ist es wegen deinem Vater?“, fragt Josh ruhig.
„Nicht nur.“
„Na los erzähl mir davon.“ Wir gehen beide auf einem kleinen Feldweg entlang, wie früher schütte ich ihm mein Herz aus. Ich erzähle ihm von Will, was in den letzten Tagen passiert ist, was er eben am Telefon gesagt hat und was mir Vicy über ihn erzählt hat.
„Ich habe nicht von ihm erwartet, dass er mich aufmuntert. Ich wollte nur, dass er mir zu hört.“
„Er hat es sicher nicht so gemeint. Habt ihr schon darüber gesprochen, was zwischen euch ist?“
„Nein, nicht wirklich, abgesehen davon, was er mir am Freitag Abend gesagt hat, nichts.“
„Vielleicht muss er sich selbst darüber bewusst werden. Oder vielleicht ist er auch einfach ein Arsch.“ Ich habe meinen besten Freund unheimlich vermisst. George, Vicy und ich können zwar auch über alles reden, aber das ist was anderes.
„Ich wollte dich nicht verletzten, ich meine du bist ein besonderer Mann, aber für mich bist du eher ein Bruder.“
„Ich weiß anders geht es mir auch nicht bei dir. Meine Eltern haben mich zu dem Essen überredet. Ich meine, ich freue mich dich wieder zu sehen, aber ich hätte dich fragen sollen, ob es ok ist.“
„Nein, das ist nicht schlimm.“
Wir laufen so nebeneinander weiter und reden über seinen Umzug nach London. Ich freue mich darauf, ihn wieder in meiner Nähe zu haben. Wir laufen immer weiter und weiter, ich weiß nicht ob ich diesen Weg schon jemals so weit gelaufen bin.Wir müssen schon mehr als eine Stunde unterwegs sein.
„Ich glaube wir sollten langsam wieder zurück.“, sagt Josh und ich glaube sein Lächeln im Dunkeln zu erkennen.
Zurück auf der Straße in unserem kleinem Heimatstädtchen, habe ich meinen Schmerz schon fast wieder vergessen und wir lachen darüber als wir uns erinnern, wie wir zu Halloween einmal einen Nachbarn einem Streich gespielt haben und uns der Mann durch die halbe Stadt gejagt hat.
sidekick_robin am 16. November 15
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